Artikel in WIKIPEDIA  www.wikipedia.de  Stand: 16.01.2008:

       Zurück zur Hauptseite

Freireligiöse Bewegung                  

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

 

Die freireligiöse Bewegung ist eine Glaubensrichtung, die auf formelle Lehren und Bekenntnisse verzichtet. Menschenrechte, Toleranz zwischen den Menschen und Werte des Humanismus werden unterstützt.

Inhaltsverzeichnis

1 Geschichte
2 Lehre
3 Bekannte Personen der freireligiösen Bewegung
4 Literatur
5 Siehe auch
6 Weblinks

Geschichte  

Die freireligiöse Bewegung entstand Mitte des 19. Jahrhunderts in der Zeit des politischen Vormärz. Unmittelbarer Auslöser war 1844 ein offener Brief des katholischen Priesters Johannes Ronge an den Bischof von Trier gegen die Ausstellung des „Rock Christi“, einer Reliquie, die er als Götzenfest anprangerte. Dieser offene Brief wurde vielfach nachgedruckt und gelesen. In der Folge gründeten kritische Geistliche beider Kirchen neue, freie Gemeinden, wohl im Geiste der bürgerlichen Emanzipationsbewegung in der Zeit der Märzrevolution.

Unter der geistigen Führung von Johannes Ronge und der Organisation des Märzrevolutionärs Robert Blum fand 1845 das erste deutsch-katholische Konzil in Leipzig statt, 1859 schlossen sich die meisten der freien Gemeinden zum Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands zusammen.

Die freireligiöse Bewegung wurde von der Philosophie der Aufklärung, aber auch von der Mystik und christlichen liberalen Strömungen beeinflusst. Im wesentlichen speiste sich die freireligiöse Bewegung aus drei Quellen:

reformatorische Kreisen der katholischen Kirche („Deutschkatholiken“)
rationalistische Kreisen der protestantischen Kirche („Lichtfreunde“)
die demokratisch-politischen Bewegung der Revolution von 1848/49

Aus diesem Spektrum entwickelten sich Positionen, die eine große Bandbreite religiöser, weltanschaulicher und philosophischer Ansichten abdeckt. Der Religionsbegriff reicht von urchristlichen über pantheistische bis hin zu nahezu atheistischen Positionen.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden einige freireligiöse Gemeinden ab 1934 verboten oder lösten sich auf. Einzelne Freireligiöse schlossen sich der „Arbeitsgemeinschaft Deutsche Glaubensbewegung“ (ADG) und der späteren Deutschen Glaubensbewegung an (siehe auch Jakob Wilhelm Hauer.

Heutige Freireligiöse bezeichnen sich oft auch als Humanisten und einige Gemeinden als Freie Humanisten.

Lehre  

Durch die Betonung von Werten wie Freiheit, Vernunft und Duldsamkeit bilden die Freireligiösen eine kritische Anfrage an die christlichen Kirchen. Unter dem Motto „Frei sei der Geist und ohne Zwang der Glaube“ verwerfen Freireligiöse jede Art von dogmatischer Bindung und Hierarchie. Dementsprechend gelten die von dem Kirchenhistoriker E.M. Wilbur entwickelten Grundsätze:

völlige geistige Freiheit in der Religion statt Bindung an Dogmen und Bekenntnisse
uneingeschränkter Gebrauch der Vernunft in der Religion statt Berufung auf äußere Autorität und Überlieferung
großzügige Duldsamkeit verschiedener Religionsansichten und Gebräuche statt Beharren auf Einheitlichkeit in Lehre, Brauchtum und Verwaltung.

Lösten sich Freireligiöse von kirchlichen Dogmen und Bekenntnissen, so trennten sie sich aber nicht von der Religion. In ihrem Religionverständnis folgen sie Friedrich Schleiermacher, wenn Religion definiert wird als „etwas, was den Menschen im Innersten bewegt, was ihn zutiefst angeht, was ihm wesentlich ist“ (siehe „Grundgedanken der Freireligiösen Gemeinde Mainz“). Freie Religion wird demnach begriffen als eine innerliche Angelegenheit des Menschen, die - so der Religionsphilosoph Arthur Drews - „nicht an eine bestimmte Lehre oder Offenbarung, an heilige Bücher oder Religionsstifter gebunden ist, sondern sich im Einzelnen selbst ereignet als das Innerlichste, was sich denken läßt.

Als Religion ohne Kirche und ohne bestimmte Gottesvorstellung sehen Freireligiöse die Welt als Einheit, ohne sie in Diesseits und Jenseits zu spalten (Monismus). Sie leugnen den Geltungsanspruch Heiliger Bücher wie auch der vielen, sich als einzigartig verstehenden Religionen. Vielmehr werden die Urkunden der Weltreligionen als Zeugnisse des religiösen Bedürfnisses des Menschen geschätzt. Freireligiöse betonen, dass sie nicht frei von Religion, sondern frei in der Religion seien- also ohne dogmatische Bindungen.

Bekannte Personen der freireligiösen Bewegung  

Eduard Baltzer, Walter Arthur Berendsohn, Robert Blum, Lily Braun, Lorenz Diefenbach, Arthur Drews, Julius Fröbel, Georg Gottfried Gervinus, Ernst Haeckel, Käthe Kollwitz, Ludwig Marum, Malwida von Meysenbug, Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck, Bertha Ronge, Johannes Ronge, Emil Adolf Roßmäßler, Carl Scholl, Carl Schurz, Amalie Struve, Gustav von Struve, Leberecht Uhlich, Bruno Wille.

Literatur  

Franz Bohl: Die freireligiöse Bewegung in Bayern: Werden und Wirken, hrsg. von der Freireligiösen Bewegung in Bayern, 83. S. o. Ort, o. Jahr
E.Gensler: Freie Religion für Einsteiger, hrsg. von der Freireligiösen Gemeinde Mainz, 2000
L.Geis: Quellensammlung freireligiöser Thesen, hrsg. von der Freireligiösen Gemeinde Mainz, 1989
L.Geis: Freireligiöses Quellenbuch 1844-1926, Bd.1, Eine Sammlung grundlegender Texte über Inhalt und Ziele Freier Religion, Selbstverlag Freireligiöse Gemeinde Mainz, 2006
Eckhart Pilick: Lexikon freireligiöser Personen, Rohrbach/Pfalz: Peter Guhl, 1997
Uwe Spörl: Gottlose Mystik in der deutschen Literatur um die Jahrhundertwende. Dissertation Erlangen, 1995, Paderborn: Schönigh, 1997 ISBN 3-506-78610-5
Friedrich Heyer und Volker Pitzer: Religion ohne Kirche - Die Bewegung der Freireligiösen, Stuttgart: Quell, 1977 ISBN 3-7918-6003-8
Karl Becker: Freigeistige Bibliographie, 1974
Th. Lasi und H. Manteuffel: Freie Religion - eine Alternative, Mannheim: Freireligiöse Verlagsbuchhandlung
Kampe, Ferdinand: Geschichte der religiösen Bewegung der neueren Zeit. 4 Bände. Leipzig 1852-1860.
Graf, Friedrich Wilhelm: Die Politisierung des religiösen Bewußtseins. die bürgerlichen Religionsparteien im deutschen Vormärz: Das Beispiel des Deutschkatholizismus. Stuttgart 1978
Weiß, Karl: 125 Jahre Kampf um freie Religion. Dargestellt an der geschichtlichen entwicklung der Freireligiösen Landesgemeinde Baden. Mannheim 1970
Die Freireligiöse Bewegung 1859-1959 - Wesen und Auftrag. Mainz o. J. (1959)
Gervinus, Georg Gottfried: Die Mission der Deutsch-Katholiken. 2. Aufl. Mannheim1982

Siehe auch  

Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands
Freidenker
Humanismus
Monismus
Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften
Humanistischer Verband Deutschlands
Bund für Geistesfreiheit
IBKA

Weblinks  

Startseite des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands und dessen Mitgliedsgemeinden
freireligiös.de
Freie Humanisten Niedersachsen
Freireligiöse Gemeinde Darmstadt
Freireligiöse Gemeinde Idar-Oberstein
Freireligiöse Gemeinde Mainz
Freireligiöse Gemeinde Nauheim
The International Association for Religious Freedom
Aufsatz Die freigeistigen Bewegungen und der Nationalsozialismus des Bundes für Geistesfreiheit Bayern
Quellenbuch 1844-1926

 

        Zurück zur Hauptseite